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Die Krankschreibung ist ein zentrales Element des Arbeits- und Sozialrechts, das Arbeitnehmern bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen den Anspruch auf Lohnfortzahlung und Schutz vor Kündigung sichert. Sie dient als Nachweis gegenüber dem Arbeitgeber und der Krankenkasse, dass eine Arbeitsunfähigkeit ärztlich bestätigt wurde. Die Regelungen variieren je nach Land, doch in Deutschland ist das Verfahren durch das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) und die Richtlinien der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) streng geregelt.

Allgemeine Beschreibung

Eine Krankschreibung, auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) genannt, ist ein ärztliches Dokument, das bestätigt, dass eine Person aufgrund einer Erkrankung oder Verletzung vorübergehend nicht in der Lage ist, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sie wird von einem zugelassenen Arzt oder einer Ärztin ausgestellt und enthält Angaben zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit. In Deutschland ist die Krankschreibung ab dem ersten Tag der Erkrankung relevant, wobei der Arbeitgeber ab dem vierten Tag eine Bescheinigung verlangen kann. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist für bis zu sechs Wochen durch den Arbeitgeber gesetzlich garantiert (§ 3 EFZG).

Die Krankschreibung hat nicht nur rechtliche, sondern auch soziale und wirtschaftliche Auswirkungen. Für Arbeitnehmer stellt sie eine Absicherung dar, da sie während der Krankheit finanziell abgesichert sind und keinen Druck ausgesetzt werden, trotz gesundheitlicher Einschränkungen zu arbeiten. Für Arbeitgeber bedeutet sie Planungssicherheit, da sie wissen, wie lange ein Mitarbeiter voraussichtlich ausfällt. Gleichzeitig ist die Krankschreibung ein Instrument der Krankenkassen, um die Notwendigkeit von Rehabilitationsmaßnahmen oder weiteren medizinischen Behandlungen zu prüfen.

Rechtlich ist die Krankschreibung an strenge Vorgaben gebunden. Der behandelnde Arzt muss die Arbeitsunfähigkeit nach bestem Wissen und Gewissen feststellen, wobei er sich an den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) orientiert. Eine rückwirkende Ausstellung ist nur in Ausnahmefällen und für maximal drei Tage möglich. Bei längerfristigen Erkrankungen kann die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme einholen oder eine Kontrolle durch den Medizinischen Dienst (MDK) veranlassen, um Missbrauch zu verhindern.

Die digitale Übermittlung der Krankschreibung an die Krankenkassen ist in Deutschland seit 2021 verpflichtend. Arbeitnehmer erhalten weiterhin eine Papierversion für den Arbeitgeber, während die Daten elektronisch an die GKV übermittelt werden. Dies soll den Verwaltungsaufwand reduzieren und Fälschungen erschweren. Die Krankschreibung ist zudem an Meldepflichten geknüpft: Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit informieren, in der Regel noch am ersten Krankheitstag.

Rechtliche Grundlagen

In Deutschland ist die Krankschreibung primär im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) und im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Das EFZG garantiert Arbeitnehmern eine Lohnfortzahlung von bis zu 100 % des Bruttolohns für maximal sechs Wochen pro Krankheitsfall (§ 3 Abs. 1 EFZG). Danach übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Zahlung von Krankengeld, das etwa 70 % des Bruttolohns (maximal 90 % des Nettoeinkommens) beträgt (§ 47 SGB V). Diese Regelungen gelten für alle Arbeitnehmer, unabhängig von der Betriebsgröße oder Branche.

Ein zentraler Aspekt ist die Anzeigepflicht der Arbeitsunfähigkeit. Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber unverzüglich – in der Praxis meist telefonisch oder per E-Mail – über die Krankheit informieren. Die Vorlage der AU-Bescheinigung ist spätestens am vierten Tag erforderlich, sofern der Arbeitgeber sie nicht früher anfordert. Bei Verstößen gegen diese Pflichten kann der Arbeitgeber Abmahnungen aussprechen oder im Wiederholungsfall sogar kündigen. Zudem kann die Krankenkasse bei nicht gemeldeter Arbeitsunfähigkeit die Leistungen stürzen oder Rückforderungen geltend machen.

Besondere Regelungen gelten für wiederholte Erkrankungen derselben Art innerhalb eines Jahres. Hier kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern, wenn die Fehlzeiten auf derselben Krankheit beruhen und bereits sechs Wochen Lohnfortzahlung in den letzten zwölf Monaten erfolgt sind (§ 3 Abs. 1 EFZG). In solchen Fällen springt direkt die Krankenkasse mit Krankengeld ein. Bei langfristigen Erkrankungen (über 42 Tage) ist der Arbeitgeber zudem verpflichtet, eine betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) einzuleiten, um die Wiedereingliederung des Mitarbeiters zu fördern (§ 167 Abs. 2 SGB IX).

Internationale Regelungen weichen teilweise stark ab. In Ländern wie den USA gibt es keine gesetzliche Lohnfortzahlung im Krankheitsfall; Arbeitgeber sind hier nur dann zur Zahlung verpflichtet, wenn sie freiwillig entsprechende Leistungen anbieten oder tarifvertraglich gebunden sind. In skandinavischen Ländern wie Schweden oder Dänemark hingegen sind die Leistungen oft großzügiger, mit längeren Lohnfortzahlungszeiträumen und staatlichen Zuschüssen. Innerhalb der EU gelten zwar keine einheitlichen Regelungen, doch die EU-Richtlinie 2019/1152 strebt eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben an, einschließlich Mindeststandards für Krankschreibungen.

Anwendungsbereiche

  • Arbeitsrecht: Die Krankschreibung dient als Nachweis für den Anspruch auf Lohnfortzahlung und schützt Arbeitnehmer vor Kündigung während der Krankheit (§ 9 KSchG). Sie ist zudem Grundlage für betriebliche Maßnahmen wie Vertretungsregelungen oder Arbeitsplatzanpassungen.
  • Sozialversicherung: Krankenkassen nutzen die AU-Bescheinigung, um Leistungen wie Krankengeld zu gewähren oder Rehabilitationsmaßnahmen einzuleiten. Bei häufigen Krankschreibungen können sie eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst (MDK) veranlassen.
  • Betriebliches Gesundheitsmanagement: Unternehmen analysieren Krankschreibungsdaten, um gesundheitliche Risiken im Betrieb zu identifizieren und Präventionsmaßnahmen (z. B. Ergonomie-Schulungen oder Stressmanagement-Programme) zu entwickeln.
  • Rehabilitation und Wiedereingliederung: Bei langfristigen Erkrankungen bildet die Krankschreibung die Basis für stufenweise Wiedereingliederungspläne (Hamburger Modell) oder medizinische Reha-Maßnahmen, die von der Deutschen Rentenversicherung finanziert werden.
  • Statistische Erhebungen: Das Statistische Bundesamt und die Krankenkassen werten anonymisierte AU-Daten aus, um Trends zu Erkrankungen (z. B. Burnout, Muskel-Skelett-Erkrankungen) zu erkennen und gesundheitspolitische Maßnahmen abzuleiten.

Bekannte Beispiele

  • Gelber Schein (Deutschland): Die klassische papierbasierte AU-Bescheinigung in gelber Farbe, die seit 2021 schrittweise durch die digitale Übermittlung (eAU) ersetzt wird. Sie enthält Angaben zum Patienten, Arzt, Diagnose (codiert nach ICD-10) und Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
  • Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): Seit 2021 in Deutschland verpflichtend. Die Daten werden direkt vom Arzt an die Krankenkasse übermittelt, während der Arbeitnehmer eine papierlose Bestätigung erhält. Ziel ist die Reduzierung von Fälschungen und Verwaltungsaufwand.
  • Krankengeld nach § 47 SGB V: Wird von der Krankenkasse gezahlt, wenn die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber (nach sechs Wochen) endet. Die Höhe beträgt etwa 70 % des Bruttolohns, maximal jedoch 90 % des Nettoeinkommens.
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Ein Verfahren zur Wiedereingliederung langzeiterkrankter Mitarbeiter, das auf Basis wiederholter Krankschreibungen eingeleitet wird. Es umfasst Gespräche mit Arbeitgeber, Betriebsarzt und ggf. der Krankenkasse.
  • MDK-Prüfung (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung): Bei Verdacht auf Missbrauch oder unklaren Diagnosen kann die Krankenkasse eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK anordnen. Dies geschieht besonders bei häufigen Kurzzeiterkrankungen.

Risiken und Herausforderungen

  • Missbrauch und "Blaumachen": Einzelne Arbeitnehmer nutzen Krankschreibungen, um unbezahlten Urlaub zu nehmen. Dies führt zu höheren Kosten für Arbeitgeber und Krankenkassen. Studien der AOK zeigen, dass etwa 5–10 % der Krankschreibungen unberechtigt sind.
  • Datenmissbrauch bei eAU: Die digitale Übermittlung birgt Risiken durch Hackerangriffe oder technische Fehler. Die Krankenkassen müssen hohe Sicherheitsstandards (z. B. Verschlüsselung nach BSI-Richtlinien) einhalten, um Patientendaten zu schützen.
  • Psychische Erkrankungen: Depressionen oder Burnout sind schwer nachweisbar, führen aber zu langen Ausfallzeiten. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, betroffene Mitarbeiter zu unterstützen, ohne in deren Privatsphäre einzugreifen.
  • Rechtliche Grauzonen: Bei häufigen Kurzzeiterkrankungen (z. B. immer freitags) können Arbeitgeber zwar den MDK einschalten, haben aber oft keine handfesten Beweise für Missbrauch. Kündigungen sind hier nur schwer durchsetzbar.
  • Wirtschaftliche Belastung für KMU: Kleine und mittlere Unternehmen leiden stärker unter Krankheitsausfällen, da sie weniger Personalreserven haben. Die Lohnfortzahlungspflicht kann hier zu Liquiditätsengpässen führen.
  • Internationale Unterschiede: Arbeitnehmer in Ländern ohne Lohnfortzahlung (z. B. USA) arbeiten oft krank ("Präsentismus"), was die Produktivität mindert und Ansteckungsrisiken erhöht. In Deutschland führt dies hingegen zu höheren Fehlzeiten.

Ähnliche Begriffe

  • Arbeitsunfähigkeit (AU): Der medizinische Zustand, der durch die Krankschreibung bestätigt wird. Sie liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Leistung aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht erbringen kann.
  • Krankengeld: Eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, die nach Ablauf der Lohnfortzahlung (i. d. R. nach sechs Wochen) gezahlt wird. Die Höhe beträgt etwa 70 % des Bruttoarbeitsentgelts (§ 47 SGB V).
  • Attest: Ein allgemeiner Begriff für ärztliche Bescheinigungen, der auch Schulunfähigkeitsbescheinigungen oder Sportatteste umfasst. Im Arbeitskontext ist damit meist die AU-Bescheinigung gemeint.
  • Rehabilitation (Reha): Medizinische Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nach schweren oder chronischen Erkrankungen. Sie wird oft nach langen Krankschreibungen eingeleitet und von der Renten- oder Krankenversicherung finanziert.
  • Präsentismus: Das Phänomen, dass Arbeitnehmer trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen. Dies kann zu längeren Genesungszeiten und höheren Ansteckungsrisiken führen. Studien zufolge kostet Präsentismus Unternehmen mehr als Fehlzeiten.
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren (§ 167 SGB IX), das nach längerer Krankheit (über 42 Tage innerhalb eines Jahres) eingeleitet wird, um die Wiedereingliederung des Mitarbeiters zu planen.

Zusammenfassung

Die Krankschreibung ist ein essenzielles Instrument des Arbeits- und Sozialrechts, das Arbeitnehmern bei Erkrankungen finanziellen Schutz bietet und Arbeitgebern Planungssicherheit gibt. In Deutschland ist sie durch das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) und das SGB V streng geregelt, wobei die digitale Übermittlung (eAU) seit 2021 Standard ist. Rechtlich relevant sind insbesondere die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers, die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und die anschließende Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse. Herausforderungen ergeben sich durch Missbrauchsrisiken, psychische Erkrankungen und wirtschaftliche Belastungen für Unternehmen.

Zusammenfassend dient die Krankschreibung nicht nur dem individuellen Schutz, sondern auch der gesamtgesellschaftlichen Gesundheitssicherung. Sie ist Grundlage für statistische Auswertungen, betriebliche Gesundheitsmaßnahmen und die Steuerung von Rehabilitationsprozessen. Trotz internationaler Unterschiede bleibt ihr Kernziel gleich: die Balance zwischen Gesundheitsfürsorge und wirtschaftlicher Stabilität.

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