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Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders und gilt als der heilige Fastenmonat der Muslime weltweit. Er stellt eine der fünf Säulen des Islam dar und dient Gläubigen als eine intensive Zeit der spirituellen Reinigung, der Besinnung, des Gebets sowie der bewussten Ausübung von Nächstenliebe und Solidarität. Während des Ramadans enthalten sich gesunde, erwachsene Muslime von der Morgendämmerung (Fadschr) bis zum Sonnenuntergang (Maghrib) der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, des Rauchens und des Geschlechtsverkehrs.
Allgemeine Beschreibung
Der Ramadan ist für Muslime der heiligste Monat, da in dieser Zeit nach islamischer Überzeugung die ersten Verse des Koran dem Propheten Mohammed offenbart wurden (die sogenannte Lailat al-Qadr, die Nacht der Bestimmung). Das Fasten, auf Arabisch Saum genannt, ist eine religiöse Pflicht (Fard) für alle Muslime, die die Pubertät erreicht haben und körperlich sowie geistig dazu in der Lage sind. Ausgenommen von der Fastenpflicht sind Kranke, Reisende, Schwangere, Stillende, Menstruierende und ältere Menschen. Wer aufgrund einer chronischen Krankheit nicht fasten kann, sollte eine Ersatzleistung (Fidya) erbringen, indem er beispielsweise einen Bedürftigen für jeden versäumten Fastentag speist.
Der Sinn des Fastens liegt nicht nur in der körperlichen Enthaltsamkeit, sondern vor allem in der geistigen Reinigung und der Stärkung der Selbstbeherrschung. Muslime sollen in dieser Zeit besonders auf ihre Worte und Taten achten, Streit vermeiden und sich verstärkt dem Gebet und der Rezitation des Korans widmen. Das Fasten soll Empathie für die Armen und Hungernden wecken und die soziale Pflichtabgabe (Zakat) sowie freiwillige Spenden (Sadaqa) in den Vordergrund rücken. Die täglichen Fastenzeiten werden durch zwei Mahlzeiten strukturiert: das Suhur (oder Sehri), die letzte Mahlzeit vor Sonnenaufgang, und das Iftar (oder Fastenbrechen), die feierliche Mahlzeit unmittelbar nach Sonnenuntergang, die oft mit Datteln und Wasser beginnt. Der Ramadan endet mit dem Zuckerfest (Eid al-Fitr), einem der wichtigsten Feste im Islam, das drei Tage dauert und ein Höhepunkt der Gemeinschaft ist.
Typische Ausprägungen
Die Ausprägung des Ramadans variiert je nach Land und Kulturkreis, behält aber stets die religiöse Kernbedeutung bei:
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Gemeinschaftliche Mahlzeiten: Das abendliche Iftar ist in vielen Kulturen ein zentrales gesellschaftliches Ereignis. Es werden oft große Feste und Essen mit der erweiterten Familie, Freunden und Nachbarn veranstaltet. In Ländern wie der Türkei, Marokko oder Ägypten werden Iftar-Zelte aufgebaut, in denen Bedürftige kostenlos speisen können.
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Nachtleben: In vielen muslimisch geprägten Ländern verlagert sich das soziale Leben in die Nachtstunden. Cafés und Restaurants sind nach dem Iftar bis zum Suhur geöffnet, und die Straßen sind abends belebter als tagsüber.
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Tarāwīh-Gebete: In den Nächten des Ramadans finden in den Moscheen zusätzliche, längere Gemeinschaftsgebete statt, die Tarāwīh-Gebete. Dabei wird oft der gesamte Koran über den Monat hinweg rezitiert.
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Koranrezitation: Die Gläubigen widmen dem Lesen und Studieren des Koran besondere Aufmerksamkeit, um die spirituelle Verbundenheit mit Gott zu vertiefen.
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Wohltätigkeit (Zakat): Der Ramadan ist die Hauptzeit für die Entrichtung der Pflichtabgabe Zakat und der zusätzlichen Spenden, da Belohnungen für gute Taten in diesem Monat als besonders hoch angesehen werden.
Empfehlungen
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Für Muslime: Es wird empfohlen, während des Fastens auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu achten, insbesondere die Flüssigkeitszufuhr zwischen Iftar und Suhur zu maximieren. Zudem soll der Fokus auf die spirituellen Aspekte gelegt werden: Vermeidung von Streit und negativen Gedanken, verstärkte Gebete und gute Taten. Es wird geraten, sich bei gesundheitlichen Bedenken professionellen Rat einzuholen.
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Für Nichtmuslime im Umgang mit Fastenden: Es ist wichtig, Rücksichtnahme und Empathie zu zeigen. Dies kann bedeuten, auf das Essen oder Trinken in unmittelbarer Nähe fastender Kollegen oder Freunde zu verzichten oder bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten Entlastung anzubieten. Einladungen zu Iftar-Abenden sollten als Chance zum interkulturellen Dialog und zur Stärkung der Gemeinschaft betrachtet werden.
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Für Unternehmen und Institutionen in Europa: Arbeitgeber sollten flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit zur Ruhe und Verständnis für die Konzentrationsschwäche, die durch den Verzicht auf Essen und Trinken entstehen kann, bieten. Schulen sollten Sportunterricht und Prüfungen in den Mittagsstunden entsprechend anpassen.
Anwendung im persönlichen Alltag
Der Ramadan beeinflusst den persönlichen Alltag von Muslimen in Deutschland und Europa in mehrfacher Hinsicht:
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Strukturierter Tagesablauf: Der Tag wird um die Gebets- und Fastenzeiten neu organisiert. Die Notwendigkeit, vor Sonnenaufgang aufzustehen (Suhur) und das Fasten nach Sonnenuntergang zu brechen (Iftar), bestimmt den Rhythmus.
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Soziale Interaktion: Es kommt zu einer Intensivierung des Gemeinschaftslebens. Man trifft sich häufiger mit Verwandten und Freunden zum gemeinsamen Iftar oder zu den Tarāwīh-Gebeten in der Moschee. Dies stärkt die familiären und sozialen Bindungen.
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Berufliche und schulische Anpassung: Fastende müssen ihre Leistung und Konzentration im Berufs- und Schulalltag neu justieren. Dies erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin und die Kommunikation mit dem Umfeld.
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Konsumbewusstsein: Das Fasten fördert die Wertschätzung für Nahrungsmittel und Wasser, was zu einem gesteigerten Bewusstsein gegen Verschwendung und für einen verantwortungsvolleren Konsum führt.
Bekannte Beispiele
Der Ramadan ist ein universelles Phänomen, dessen Ausprägung in verschiedenen Teilen der Welt oder in bestimmten Kontexten sichtbar wird:
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Öffentliche Iftar-Veranstaltungen in Deutschland: Viele Moscheegemeinden und islamische Verbände in deutschen Städten (wie Berlin, Köln, oder Frankfurt) organisieren öffentliche Iftar-Abende, zu denen explizit auch nichtmuslimische Nachbarn, Politiker und Vertreter anderer Religionen eingeladen werden. Dies dient dem interreligiösen Dialog.
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Ramadan-Beleuchtung in London: Ähnlich wie die Weihnachtsbeleuchtung in christlich geprägten Städten wird in Metropolen wie London seit einigen Jahren eine spezielle Ramadan-Beleuchtung installiert, was die wachsende Sichtbarkeit des islamischen Glaubens im öffentlichen Raum demonstriert.
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Sportler im Ramadan: Weltbekannte muslimische Fußballspieler (z. B. Karim Benzema oder Mohamed Salah) oder andere Profisportler fasten oft während des Ramadans, was regelmäßig zu Diskussionen über die Vereinbarkeit von Hochleistungssport und der Fastenpraxis führt und ein globales Beispiel für die Glaubensstärke darstellt.
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Verkürzte Arbeitszeiten in den Golfstaaten: In Ländern des Nahen Ostens, wie Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten, sind die Arbeitszeiten für alle Beschäftigten, unabhängig vom Glauben, gesetzlich stark reduziert, um dem Fasten Rechnung zu tragen.
Risiken und Herausforderungen
Das Fasten im Ramadan kann mit bestimmten Risiken und Herausforderungen verbunden sein, die Beachtung finden müssen:
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Gesundheitliche Risiken: Insbesondere bei sehr langen Fastenzeiten (z. B. in den nördlichen Breiten im Sommer) und hohen Temperaturen besteht das Risiko von Dehydrierung und Hypoglykämie (Unterzuckerung). Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck müssen unbedingt ärztlichen Rat einholen, da das Fasten in diesen Fällen gesundheitsschädlich oder sogar lebensbedrohlich sein kann.
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Verkehrssicherheit und Konzentration: Die körperliche Anstrengung durch den Verzicht auf Wasser und Nahrung sowie der veränderte Schlaf-Wach-Rhythmus können zu reduzierter Konzentration, langsameren Reaktionszeiten und erhöhter Müdigkeit führen, was Risiken im Straßenverkehr oder bei der Arbeit mit Maschinen birgt.
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Soziale und berufliche Integration: In westlichen, nicht-muslimischen Gesellschaften kann das Fasten zu Missverständnissen oder Konflikten am Arbeitsplatz oder in der Schule führen, wenn Vorgesetzte oder Kollegen wenig Verständnis für die religiösen Pflichten aufbringen.
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Kommerzialisierung: In einigen Teilen der Welt wird der Ramadan zunehmend kommerzialisiert, wobei der Fokus der Gemeinschaft und Spiritualität zugunsten von übermäßigem Konsum und aufwendigen Iftar-Buffets in den Hintergrund tritt.
Beispielsätze
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Der Ramadan beginnt, sobald die Mondsichel am Himmel gesichtet wird.
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Muslime brechen ihr Fasten jeden Abend mit dem Iftar, der Mahlzeit nach Sonnenuntergang.
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In diesem Jahr fiel der Ramadan in die Zeit der längsten Tage, was das Fasten besonders herausfordernd machte.
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Das Fasten im Ramadan dient der spirituellen Reinigung und der Stärkung der Nächstenliebe.
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Kinder vor der Pubertät sind vom Fasten während des Ramadans offiziell ausgenommen.
Ähnliche Begriffe
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Eid al-Fitr (Zuckerfest): Das dreitägige Fest, das den Abschluss des Fastenmonats Ramadan markiert und mit Gebeten und Feierlichkeiten begangen wird.
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Zakat (Sozialabgabe): Eine der fünf Säulen des Islam, die Pflicht zur Entrichtung eines bestimmten Teils des Vermögens an Bedürftige, die im Ramadan besonders praktiziert wird.
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Lailat al-Qadr (Nacht der Bestimmung): Die heiligste Nacht des Ramadans, die als die Nacht gilt, in der die ersten Verse des Koran offenbart wurden.
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Christliche Fastenzeit: Die vorösterliche Bußzeit im Christentum, die ebenfalls eine Periode des Verzichts, der Besinnung und der Umkehr darstellt, aber anders praktiziert wird.
Zusammenfassung
Der Ramadan ist der zentrale Fastenmonat im Islam, eine religiöse Säule, die von Muslimen weltweit als eine Periode der intensiven Spiritualität, der Selbstdisziplin und der karitativen Werke begangen wird. Er ist geprägt vom täglichen Verzicht auf Essen und Trinken von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und der abendlichen Stärkung der Gemeinschaft beim Iftar. In der heutigen Gesellschaft ist der Ramadan nicht nur ein Akt der persönlichen Frömmigkeit, sondern auch ein bedeutendes soziales Phänomen, das interkulturellen Dialog und gegenseitige Rücksichtnahme im Alltag der globalisierten Welt fördert.
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