Johannes Rau war ein deutscher Politiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und bekleidete von 1999 bis 2004 das Amt des Bundespräsidenten. Zuvor war er über zwei Jahrzehnte lang Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und zählte zu den populärsten politischen Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Seine politische Haltung war geprägt von Ausgleich, Versöhnung und gesellschaftlicher Integration. Auch nach seiner Amtszeit blieb er als moralische Autorität im öffentlichen Diskurs präsent, bis zu seinem Tod im Jahr 2006. Noch heute wird er als Symbol für Dialogbereitschaft, Humanität und soziale Verantwortung gewürdigt. Seine Reden und sein Stil gelten als Beispiel für eine integrative, werteorientierte politische Kultur.
Johannes Rau ist eine bekannte Persönlichkeit aus unserer Umfrage und auf Position 288 (226, 162) in unserem monatlichen Ranking.
Karriere
Johannes Rau begann seine politische Laufbahn in den 1950er Jahren bei der Gesamtdeutschen Volkspartei, bevor er 1958 in die SPD eintrat. Ab 1970 war er Minister für Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen und wurde 1978 zum Ministerpräsidenten des Landes gewählt – ein Amt, das er bis 1998 ausübte. In dieser Funktion prägte er die Bildungs- und Strukturpolitik des größten deutschen Bundeslandes maßgeblich. 1987 kandidierte er erstmals für das Amt des Bundeskanzlers, unterlag jedoch Helmut Kohl. 1999 wurde er zum Bundespräsidenten gewählt und setzte in seiner Amtszeit zahlreiche Akzente für Toleranz, Erinnerungskultur und Zusammenhalt. Seine politische Karriere war ungewöhnlich lang und wurde von großem Vertrauen in der Bevölkerung getragen.
Bedeutende Werke
Obwohl Johannes Rau kein klassischer Autor war, haben viele seiner Reden und politischen Initiativen bleibende Bedeutung erlangt. Seine programmatische Ansprache "Versöhnen statt spalten" wurde zu einem Leitsatz seiner Politik. Besonders hervorzuheben ist seine Rede im israelischen Parlament (Knesset) im Jahr 2000, in der er sich im Namen der Deutschen für das Unrecht des Holocaust entschuldigte – ein symbolträchtiger Akt der Versöhnung. Auch seine Weihnachts- und Neujahrsansprachen als Bundespräsident fanden regelmäßig große Beachtung. Er war Mitbegründer und ideeller Förderer der Initiative "Aufarbeitung der SED-Diktatur" und unterstützte zahlreiche wissenschaftliche und kulturelle Projekte.
Hintergrund und Privates
Johannes Rau wurde 1931 in Wuppertal geboren und wuchs in einem protestantisch geprägten Umfeld auf. Ursprünglich strebte er eine Laufbahn als Theologe an, arbeitete dann aber zunächst als Verlagsbuchhändler. Seine tiefe religiöse Verwurzelung zog sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes Leben und seine politische Haltung. 1982 heiratete er Christina Delius, eine Enkelin von Gustav Heinemann, dem dritten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Das Paar hatte drei Kinder. Rau galt als bescheiden, bodenständig und volksnah – Eigenschaften, die ihm eine hohe Akzeptanz weit über Parteigrenzen hinweg einbrachten.
Positionen und Engagement
Raus politische Leitlinie war geprägt von sozialer Gerechtigkeit, Bildungschancen und der Idee eines gesellschaftlichen Ausgleichs. Er setzte sich für ein demokratisches, pluralistisches Deutschland ein und bemühte sich um den Zusammenhalt unterschiedlicher sozialer Gruppen. Besonders engagierte er sich in der Bildungspolitik, mit dem Ziel, jedem Kind faire Chancen zu ermöglichen – unabhängig von Herkunft oder sozialem Status. Als Bundespräsident rief er immer wieder zum Dialog zwischen Kulturen und Religionen auf. Seine Haltung war von der Überzeugung getragen, dass Demokratie gelebte Verantwortung bedeutet und nicht nur formale Mitbestimmung.
Handlungen und Auswirkungen
Während seiner Amtszeit als Ministerpräsident gestaltete Johannes Rau maßgeblich die Hochschul- und Forschungspolitik Nordrhein-Westfalens und trug zur Industrialisierung und Strukturwandlung des Ruhrgebiets bei. Als Bundespräsident erwarb er sich international große Anerkennung durch seinen Besuch in Israel und seinen Auftritt in der Knesset. Diese Geste war nicht nur politisch bedeutsam, sondern auch emotional tief bewegend – in Israel wie in Deutschland. Seine Art, Politik durch moralische Orientierung zu begleiten, prägte den öffentlichen Diskurs der frühen 2000er Jahre. Nach seinem Tod wurde er vielfach als "moralisches Gewissen" der Republik gewürdigt.
Sonstiges
Neben seinem politischen Wirken war Johannes Rau auch kulturell interessiert und unterstützte zahlreiche Projekte aus den Bereichen Literatur, Musik und Religion. Seine Nähe zur evangelischen Kirche war prägend für sein gesellschaftliches Engagement. Er war Träger zahlreicher Auszeichnungen und Ehrendoktorwürden, unter anderem aus Jerusalem, Oxford und Leipzig. Auch im Ruhestand blieb er ein gefragter Gesprächspartner in ethischen, religiösen und bildungspolitischen Fragen. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Waldfriedhof in Berlin-Dahlem, nahe dem ehemaligen Wohnsitz des Bundespräsidenten.
Weblinks
Zusammenfassung
Johannes Rau war ein deutscher Politiker mit großer Ausstrahlungskraft, der sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch auf Bundesebene nachhaltige Spuren hinterlassen hat. Seine Amtsführung war von Werten wie Versöhnung, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit geprägt. Besonders als Bundespräsident setzte er Zeichen im Umgang mit der deutschen Geschichte, im interkulturellen Dialog und in der gesellschaftlichen Bildung. Durch seine Glaubwürdigkeit und Bescheidenheit gewann er breite Anerkennung, auch außerhalb politischer Lager. Er verstand es, moralische Orientierung mit praktischer Politik zu verbinden. Bis heute gilt er als eine der integersten Persönlichkeiten im politischen Leben der Bundesrepublik.