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Das Bürgergeld ist eine seit 2023 in Deutschland gültige Sozialleistung, die die bisherige Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich "Hartz IV") ersetzt. Es dient als finanzielle Absicherung für erwerbsfähige Personen ohne ausreichendes Einkommen und zielt darauf ab, Armut zu verhindern und die soziale Teilhabe zu ermöglichen. Die Einführung erfolgte im Rahmen des Bürgergeld-Gesetzes, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat und durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) umgesetzt wird.

Allgemeine Beschreibung

Das Bürgergeld ist eine steuerfinanzierte Leistung der Bundesagentur für Arbeit, die bedürftigen Personen einen gesetzlich festgelegten Regelbedarf sowie die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung garantiert. Im Gegensatz zum Vorgänger-Arbeitslosengeld II sind die Regelsätze höher und die Vermögensfreibeträge großzügiger gestaltet, um Betroffenen einen schrittweisen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Leistung orientiert sich am Sozialgesetzbuch II (SGB II) und wird an Personen gezahlt, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig sind und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können.

Ein zentrales Merkmal des Bürgergelds ist die sechsmonatige Karenzzeit für die Anerkennung von Vermögen: In den ersten sechs Monaten nach Antragstellung wird vorhandenes Vermögen (bis zu einer Obergrenze von 60.000 € pro Person) nicht auf die Leistung angerechnet. Dies soll verhindern, dass Betroffene ihr Erspartes vollständig aufbrauchen müssen, bevor sie Anspruch auf Unterstützung haben. Zudem wurden die Regelbedarfe angehoben – beispielsweise beträgt der Standardregelsatz für eine alleinstehende Person seit 2024 563 € monatlich (Stand: 2024, Quelle: BMAS).

Die Bewilligung des Bürgergelds ist an bestimmte Mitwirkungspflichten geknüpft: Empfänger müssen aktiv an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilnehmen, sich um Arbeitsstellen bemühen und dem Jobcenter gegenüber ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen. Bei Verstößen gegen diese Pflichten können Sanktionen in Form von Leistungskürzungen verhängt werden, wobei diese seit 2023 weniger streng ausfallen als unter Hartz IV. Ein weiterer Unterschied zum Vorgänger ist die längere Dauer der Kostenübernahme für Unterkunft und Heizung – selbst bei Umzügen oder Mietsteigerungen werden die tatsächlichen Kosten für bis zu sechs Monate übernommen, sofern sie angemessen sind.

Das Bürgergeld ist Teil eines größeren sozialpolitischen Reformprozesses, der auf eine würdevollere Grundsicherung abzielt. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Leistung weiterhin nicht ausreiche, um Armutsrisiken vollständig zu beseitigen, insbesondere in Ballungsräumen mit hohen Mietkosten. Zudem wird diskutiert, ob die Bürokratie bei der Antragstellung und Bewilligung vereinfacht werden müsste, um den Zugang zu erleichtern. Trotz dieser Debatten bleibt das Bürgergeld ein zentrales Instrument der sozialen Sicherung in Deutschland und soll langfristig die Chancengleichheit fördern.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Basis des Bürgergelds bildet das Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), das durch das Bürgergeld-Gesetz vom 10. November 2022 novelliert wurde. Dieses Gesetz regelt die Anspruchsvoraussetzungen, die Höhe der Leistungen sowie die Verfahren zur Antragstellung und Bewilligung. Gemäß § 19 SGB II haben erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken können und keine ausreichenden Ansprüche auf andere Sozialleistungen (z. B. Arbeitslosengeld I) bestehen.

Ein weiterer wichtiger rechtlicher Aspekt ist die Bedarfsgemeinschaft: Das Bürgergeld wird nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für Partner, Kinder und andere im Haushalt lebende Angehörige gezahlt, sofern diese ebenfalls hilfebedürftig sind. Die Berechnung der Leistung erfolgt dabei nach einem gestuften System, bei dem der Regelbedarf je nach Alter und Haushaltszusammensetzung variiert. Beispielsweise erhalten Kinder unter 6 Jahren einen geringeren Regelsatz als Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren (Stand 2024: 357 € bzw. 471 €).

Die Finanzierung des Bürgergelds erfolgt über den Bundeshaushalt, wobei die Mittel von der Bundesagentur für Arbeit verwaltet werden. Die Auszahlung erfolgt monatlich im Voraus, wobei die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Regel direkt an die Vermieter oder Energieversorger überwiesen werden. Bei Mehrbedarfen (z. B. für Schwangere, Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderungen) können zusätzliche Leistungen beantragt werden, die über den Standardregelsatz hinausgehen.

Anwendungsbereiche

  • Arbeitslosigkeit: Das Bürgergeld ist die primäre Leistung für erwerbsfähige Personen, die keine Arbeit finden und kein ausreichendes Einkommen aus anderen Quellen (z. B. Rente oder Unterhalt) beziehen. Es soll die Existenzsicherung während der Jobsuche gewährleisten.
  • Geringfügige Beschäftigung: Auch Personen mit Minijobs oder Teilzeitbeschäftigungen können Anspruch auf Bürgergeld haben, wenn ihr Einkommen unter dem Existenzminimum liegt. In diesem Fall wird das Bürgergeld als aufstockende Leistung gezahlt.
  • Ausbildung und Qualifizierung: Junge Erwachsene in beruflicher Ausbildung oder Umschulung können Bürgergeld erhalten, sofern sie keine Anspruch auf BAföG oder andere Förderungen haben. Dies gilt auch für Teilnehmer an Maßnahmen der Arbeitsförderung.
  • Selbstständige in Notlagen: Selbstständige, deren Einkommen unter das Existenzminimum sinkt, können ebenfalls Bürgergeld beantragen. Hier werden jedoch strengere Vermögensprüfungen vorgenommen, um Missbrauch zu verhindern.
  • Familien und Alleinerziehende: Das Bürgergeld unterstützt Haushalte mit Kindern durch erhöhte Regelsätze und Übernahme von Bildungs- und Teilhabekosten (z. B. Schulbedarf, Nachhilfe oder Klassenfahrten).

Bekannte Beispiele

  • Regelbedarf 2024: Der Standardregelsatz für eine alleinstehende Person beträgt seit Januar 2024 563 € monatlich (vorher: 502 € unter Hartz IV). Diese Erhöhung soll die gestiegenen Lebenshaltungskosten ausgleichen.
  • Karenzzeit für Vermögen: In den ersten sechs Monaten nach Antragstellung wird Vermögen bis zu 60.000 € pro Person nicht angerechnet. Dies soll verhindern, dass Betroffene ihr Erspartes aufbrauchen müssen, bevor sie Unterstützung erhalten.
  • Kosten für Unterkunft: Im Gegensatz zu Hartz IV werden die tatsächlichen Mietkosten (sofern angemessen) für bis zu sechs Monate übernommen, selbst bei Umzügen. Dies soll Wohnungslosigkeit verhindern.
  • Digitaler Antrag: Seit 2023 kann das Bürgergeld in vielen Jobcentern online beantragt werden, was den Prozess beschleunigen soll. Dennoch bleibt die Antragstellung für viele Betroffene eine Hürde.
  • Sanktionen bei Pflichtverstößen: Bei Nicht-Einhaltung von Mitwirkungspflichten (z. B. verweigerte Jobangebote) können Leistungen um bis zu 30 % gekürzt werden – allerdings weniger streng als unter Hartz IV.

Risiken und Herausforderungen

  • Armutsfalle:Trotz der Erhöhung der Regelsätze reichen die Leistungen in vielen Fällen nicht aus, um Armut effektiv zu bekämpfen – insbesondere in Städten mit hohen Mieten (z. B. München, Hamburg).
  • Bürokratie: Die Antragstellung ist komplex und erfordert umfangreiche Nachweise (z. B. Mietverträge, Kontoauszüge). Für Menschen mit geringer Bildung oder Sprachbarrieren stellt dies eine große Hürde dar.
  • Stigmatisierung: Bürgergeld-Empfänger sehen sich oft mit Vorurteilen konfrontiert, was zu sozialer Ausgrenzung führen kann. Dies erschwert die Reintegration in den Arbeitsmarkt.
  • Lohnabstandsgebot: Kritiker bemängeln, dass die Leistungen zu nah am Mindestlohn liegen, was den Anreiz zur Arbeitsaufnahme mindern könnte. Die Politik betont jedoch, dass das Bürgergeld kein Ersatz für Arbeit sein solle.
  • Kommunale Unterschiede: Die Übernahme von Mietkosten variiert je nach Region, da die Jobcenter lokale Angemessenheitsgrenzen festlegen. In teuren Städten führt dies oft zu Konflikten.
  • Langfristige Abhängigkeit: Ohne effektive Arbeitsvermittlung besteht die Gefahr, dass Empfänger dauerhaft auf Leistungen angewiesen bleiben, statt eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu entwickeln.

Ähnliche Begriffe

  • Arbeitslosengeld I: Eine versicherungsbasierte Leistung der Arbeitsagentur für Personen, die zuvor in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Im Gegensatz zum Bürgergeld ist es zeitlich begrenzt (in der Regel 12 Monate).
  • Sozialhilfe (SGB XII): Eine Leistung für nicht erwerbsfähige Personen (z. B. Rentner oder Schwerbehinderte), die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Wird von den Kommunen gezahlt.
  • Grundsicherung im Alter: Eine Form der Sozialhilfe für Senioren ab 65 Jahren, die keine ausreichende Rente erhalten. Die Regelsätze sind ähnlich denen des Bürgergelds.
  • Wohngeld: Ein Mietzuschuss für Haushalte mit niedrigem Einkommen, die keine Transferleistungen wie Bürgergeld beziehen. Wird von den Bundesländern verwaltet.
  • Bedarfsgemeinschaft: Ein rechtlicher Begriff aus dem SGB II, der alle Personen umfasst, die in einem Haushalt leben und sich gegenseitig unterstützen (z. B. Ehepartner, Kinder). Die Leistungen werden für die gesamte Gemeinschaft berechnet.

Zusammenfassung

Das Bürgergeld ist seit 2023 die zentrale Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Personen in Deutschland und ersetzt das umstrittene Hartz-IV-System. Es zeichnet sich durch höhere Regelsätze, großzügigere Vermögensfreibeträge und eine sechsmonatige Karenzzeit aus, um Betroffenen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Rechtlich basiert es auf dem SGB II und wird von der Bundesagentur für Arbeit verwaltet. Trotz Verbesserungen bleibt das Bürgergeld jedoch umstritten: Kritiker bemängeln bürokratische Hürden, unzureichende Armutsbekämpfung und das Risiko einer langfristigen Abhängigkeit von staatlichen Leistungen.

Die Leistung richtet sich an Arbeitslose, Geringverdiener, Auszubildende und Selbstständige in Notlagen und soll durch Mitwirkungspflichten und Fördermaßnahmen die Arbeitsmarktintegration fördern. Dennoch zeigen Erfahrungen, dass vor allem in Ballungsräumen mit hohen Lebenshaltungskosten weitere Reformen notwendig wären, um soziale Teilhabe nachhaltig zu sichern. Langfristig bleibt das Bürgergeld ein zentraler Baustein der deutschen Sozialpolitik, dessen Wirkung von der effektiven Umsetzung in den Jobcentern und der wirtschaftlichen Gesamtlage abhängt.

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