English: revue / Español: revista (espectáculo) / Português: revista (teatral) / Français: revue / Italiano: rivista (spettacolo)

Eine Revue ist eine spezielle Form der Bühnenshow, die sich durch eine lockere Abfolge von Musik-, Tanz- und Gesangsnummern auszeichnet, oft verbunden mit humorvollen oder satirischen Elementen. Im Gegensatz zu klassischen Theaterstücken oder Opern fehlt der Revue eine durchgehende Handlung, stattdessen stehen Unterhaltung und Abwechslung im Vordergrund. Sie entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einer beliebten Kunstform, die bis heute in verschiedenen Varianten existiert.

Allgemeine Beschreibung

Die Revue ist ein Genre der darstellenden Kunst, das sich durch seine Vielfalt und Flexibilität auszeichnet. Ursprünglich in Frankreich entstanden, verbreitete sie sich schnell in Europa und den USA, wo sie besonders in den 1920er bis 1940er Jahren ihre Blütezeit erlebte. Typisch für eine Revue ist die Kombination aus aufwendigen Kostümen, spektakulären Bühneneffekten und einer Mischung aus Musikstilen – von Operette bis Jazz. Die Inhalte reichen von gesellschaftlicher Satire über politische Karikaturen bis hin zu rein unterhaltsamen, oft glamourösen Darbietungen.

Im Gegensatz zu anderen Bühnenformen wie dem Musical oder der Operette verzichtet die Revue auf eine stringente Erzählung. Stattdessen dominieren kurze, in sich abgeschlossene Szenen, die durch einen Conférencier (Moderator) oder thematische Überleitungen verbunden werden. Diese Struktur ermöglicht es, aktuelle Themen und Trends schnell aufzugreifen, was die Revue besonders für zeitkritische und gesellschaftspolitische Inhalte prädestiniert. Historisch gesehen diente sie oft als Plattform für gesellschaftliche Kommentare, etwa in den berühmten Berliner Revuen der Weimarer Republik.

Ein weiteres Merkmal der Revue ist ihre Betonung auf visuelle Effekte. Aufwendige Bühnenbilder, Lichtshows und extravagante Kostüme sind zentrale Elemente, die das Publikum in eine fantasievolle Welt eintauchen lassen. Die Choreografien sind oft massentauglich und synchronisiert, was an die Tradition des Varietés und der Zirkusvorführungen erinnert. Trotz ihrer Unterhaltungsorientierung kann eine Revue auch künstlerisch anspruchsvoll sein, etwa durch die Integration avantgardistischer Tanzstile oder experimenteller Musik.

Die Revue hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und passt sich den kulturellen Strömungen an. In den 1960er und 1970er Jahren verloren klassische Revuen an Bedeutung, doch erlebten sie in den letzten Jahrzehnten ein Comeback – etwa in Form von modernisierten Shows wie den "Folies Bergère" in Paris oder den Las-Vegas-Revuen, die Element des Genres mit zeitgenössischer Popkultur verbinden. Heute wird der Begriff auch für Fernsehformate oder Großveranstaltungen verwendet, die ähnliche Prinzipien der Unterhaltung und Abwechslung aufgreifen.

Historische Entwicklung

Die Wurzeln der Revue lassen sich bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückverfolgen, als in Paris erste Vorläufer in Form von "revues de fin d'année" (Jahresrückblicken) aufkamen. Diese Shows kombinierten Musik, Tanz und humorvolle Kommentare zu aktuellen Ereignissen. Ein Meilenstein war die Eröffnung des "Théâtre des Variétés" 1807 in Paris, wo erste strukturierte Revuen aufgeführt wurden. Besonders prägend wurde die "Revue" durch die "Folies Bergère", die 1869 gegründet wurden und mit aufwendigen Shows und halbnackten Tänzerinnen (ein Novum für die damalige Zeit) für Furore sorgten.

In Deutschland erlebte die Revue ihren Höhepunkt in den 1920er Jahren, insbesondere in Berlin. Theaters wie das "Große Schauspielhaus" oder das "Admiralspalast" wurden zu Zentren der Revuekultur, wo Künstler wie Claire Waldoff oder die Comedian Harmonists auftraten. Die Berliner Revuen dieser Zeit waren bekannt für ihre politische Schärfe und gesellschaftskritischen Untertöne, die oft die Inflation, die Goldenen Zwanziger oder den aufkommenden Nationalsozialismus karikierten. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die Revue gleichgeschaltet und verlor ihre subversiven Elemente.

In den USA entwickelte sich die Revue parallel, etwa durch die "Ziegfeld Follies" (1907–1931), die mit glamourösen Shows und Stars wie Fanny Brice oder Will Rogers das Genre prägten. Diese Shows waren weniger politisch, sondern betonten Unterhaltung und Spektakel. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die klassische Revue an Bedeutung, doch in Las Vegas erlebte sie ab den 1950er Jahren eine Renaissance – etwa durch die Shows von Frank Sinatra oder den "Lido de Paris", der dort eine Dependance eröffnete. Heute sind Revuen vor allem in Touristenhochburgen wie Las Vegas oder Paris zu finden, oft kombiniert mit moderner Technologie wie 3D-Projektionen.

Struktur und Aufbau

Eine klassische Revue folgt einem flexiblen, aber erkennbaren Schema. Sie beginnt meist mit einer Ouvertüre, die die Zuschauer auf die Show einstimmt, gefolgt von einer Eröffnungsnummer mit dem gesamten Ensemble. Danach wechseln sich Solodarbietungen, Duette, Chornummern und komödiantische Szenen ab. Ein Conférencier (oder eine Conférencière) führt durch das Programm, oft mit humorvollen Ansagen oder Transitionen. Die Szenen sind thematisch lose verbunden – etwa durch ein Motto wie "Reise um die Welt" oder "Jahreszeiten" – doch eine durchgehende Handlung fehlt.

Musikalisch ist die Revue eklektisch: Sie bedient sich aus Operette, Jazz, Schlager oder sogar klassischer Musik. Die Texte sind oft gereimt und pointiert, mit Wortspielen oder Anspielungen auf aktuelle Ereignisse. Tanznummern reichen von klassischem Ballett über Can-Can bis zu modernen Styles wie Hip-Hop. Ein weiteres Charakteristikum sind die "Girls" – Tänzerinnen in aufwendigen Kostümen, die in synchronisierten Choreografien auftreten. Technisch setzen Revuen auf schnelle Szenenwechsel, oft unterstützt durch Drehbühnen oder aufwendige Lichttechnik.

Moderne Revuen integrieren zunehmend multimediale Elemente. So nutzen Shows wie "O" von Cirque du Soleil in Las Vegas Wassereffekte und Akrobatik, während andere Produktionen auf Video-Projektionen oder interaktive Elemente setzen. Dennoch bleibt der Kern der Revue erhalten: eine Abfolge unterhaltsamer, visuell reizvoller Nummern, die das Publikum in eine andere Welt entführen. Die Dauer einer Revue variiert, liegt aber meist zwischen 90 und 120 Minuten, inklusive Pause.

Anwendungsbereiche

  • Theater und Bühne: Die klassische Revue wird in Theatern, Varietés oder speziellen Revuehäusern aufgeführt. Bekannte Spielstätten sind die "Folies Bergère" in Paris oder das "Friedrichstadt-Palast" in Berlin, das heute moderne Revuen mit aufwendiger Bühnentechnik zeigt.
  • Das Revue-Format wurde für das Fernsehen adaptiert, etwa in Unterhaltungsshows wie "Wunschkonzert" (ZDF) oder "Die große Revue" (ARD), die in den 1970er und 1980er Jahren populär waren. Diese Sendungen übernahmen die Struktur der Bühnenshow mit Musik-, Tanz- und Comedy-Einlagen.
  • Event- und Tourismusindustrie: In Touristenmetropolen wie Las Vegas oder Macau sind Revuen ein fester Bestandteil des Unterhaltungsangebots. Hotels und Casinos nutzen sie, um Gäste mit spektakulären Shows zu locken, die oft mit Dinner oder anderen Attraktionen kombiniert werden.
  • Kabarett und politische Satire: Besonders in Deutschland und Österreich wird die Revue auch für kabarettistische Formate genutzt, die aktuelle Politik oder Gesellschaftsthemen aufgreifen. Beispiele sind die "Münchner Lach- und Schießgesellschaft" oder die "Wiener Werkel".
  • Musikalische Bildung und Nachwuchsförderung: Einige Musikschulen oder Bühnenakademien nutzen das Revue-Format, um Schülern Erfahrung in Gesang, Tanz und Bühnendarstellung zu vermitteln. Hier steht weniger der kommerzielle Erfolg im Vordergrund als die künstlerische Ausbildung.

Bekannte Beispiele

  • Folies Bergère (Paris, seit 1869): Die berühmteste Revue der Welt, bekannt für ihre extravaganten Shows mit aufwendigen Kostümen und Tänzerinnen wie Josephine Baker. Die "Folies" prägten das Genre und sind bis heute ein Symbol für Pariser Nachtleben.
  • Ziegfeld Follies (USA, 1907–1931): Die glamourösen Shows des Produzenten Florenz Ziegfeld kombinierten Musik, Comedy und Tanz mit den größten Stars der Zeit, darunter Fanny Brice und W.C. Fields. Sie gelten als amerikanisches Pendant zu den europäischen Revuen.
  • Berliner Revuen (1920er Jahre): In der Weimarer Republik waren Revuen wie "Es liegt in der Luft" (1928) oder "Der weiße Rausch" (1931) mit Marika Rökk und den Comedian Harmonists Höhepunkte der Unterhaltungskultur. Sie reflektierten den Zeitgeist zwischen Dekadenz und Krisenstimmung.
  • Lido de Paris (seit 1946): Eine der letzten großen klassischen Revuen, bekannt für ihre "Bluebell Girls" und aufwendigen Wasserballetts. Das Lido tourt weltweit und hat auch in Las Vegas eine feste Spielstätte.
  • Cirque du Soleil ("O", "Mystère"): Moderne Interpretationen der Revue, die Akrobatik, Theater und Musik verbinden. Shows wie "O" im Bellagio (Las Vegas) nutzen Wassereffekte und surreale Bühnenbilder, um das Genre neu zu definieren.
  • "Anatevka" (Israel, seit 1960er): Eine der wenigen Revuen mit politischem Hintergrund, die die Geschichte jüdischer Einwanderer in Israel erzählt. Sie kombiniert traditionelle Musik mit Revue-Elementen.

Risiken und Herausforderungen

  • Kommerzialisierung vs. Kunst: Viele moderne Revuen sind stark auf Massenunterhaltung ausgelegt, was oft zu Lasten künstlerischer Innovation geht. Die Balance zwischen kommerziellem Erfolg und anspruchsvoller Darbietung ist eine ständige Herausforderung für Produzenten.
  • Körperliche Belastung der Darsteller: Die aufwendigen Choreografien und häufigen Vorstellungen führen zu hoher physischer Belastung für Tänzer und Sänger. Verletzungen oder Burnout sind nicht selten, besonders in Shows mit akrobatischen Elementen.
  • Kulturelle Aneignung und Klischees: Historisch bedienten sich Revuen oft exotisierender Klischees (z. B. "Orientalische Nächte" oder "Afrikanische Wildnis"), die heute als problematisch gelten. Moderne Produktionen müssen sensibel mit solchen Themen umgehen.
  • Hohe Produktionskosten: Aufwendige Bühnenbilder, Kostüme und Technologie machen Revuen zu teuren Unterfangen. Viele traditionelle Häuser kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten, besonders seit der COVID-19-Pandemie, die Live-Aufführungen stark einschränkte.
  • Wandel der Unterhaltungsgewohnheiten: Das Publikum konsumiert zunehmend digitale Inhalte (Streaming, Social Media), was den Besuch klassischer Revuen zurückgehen lässt. Produzenten müssen neue Wege finden, um jüngere Zielgruppen anzusprechen.
  • Zensur und politische Einflüsse: In autoritären Regimen wurden Revuen oft als Propagandainstrument genutzt oder zensiert. Auch heute können politische Satiren in Revuen auf Widerstand stoßen, etwa in Ländern mit eingeschränkter Meinungsfreiheit.

Ähnliche Begriffe

  • Varieté: Eine Vorläuferform der Revue, die ebenfalls aus einer Abfolge verschiedener Nummern (Akrobatik, Zauberei, Musik) besteht. Im Gegensatz zur Revue fehlen jedoch oft thematische Verbindungen oder aufwendige Inszenierungen. Bekannte Varietés sind das "Moulin Rouge" oder das "Wintergarten" in Berlin.
  • Musical: Während eine Revue keine durchgehende Handlung hat, erzählt ein Musical eine geschlossene Geschichte durch Songs und Dialoge. Beispiele sind "Cats" oder "Les Misérables". Einige moderne Revuen übernehmen jedoch Elemente des Musicals.
  • Burleske: Eine humorvolle, oft derbe Theaterform mit Übertreibungen und Slapstick-Elementen. Im Gegensatz zur Revue steht hier die Komik im Vordergrund, weniger die musikalische oder tänzerische Darbietung. Berühmte Vertreter sind die "Marx Brothers".
  • Kabarett: Eine kleinere, oft politisch geprägte Bühnenform mit Liedern, Monologen und Satire. Kabarett ist intimer als eine Revue und verzichtet auf große Ensembles oder aufwendige Choreografien. Beispiele sind das "Cabaret Voltaire" (Dadaismus) oder "Die Distel" (Berlin).
  • Vodevil: Eine amerikanische Theaterform des 19. Jahrhunderts, die aus kurzen, komischen Szenen und Musiknummern bestand. Im Gegensatz zur Revue war der Vodevil weniger glamourös und mehr auf schnelle Lacher ausgelegt.
  • Showballet: Eine Tanzform, die Elemente des Balletts mit Revue-ähnlichen Inszenierungen verbindet. Showballette sind oft Teil von Revuen oder eigenen Produktionen, wie das "Deutsches Showballet" in den 1980er Jahren.

Zusammenfassung

Die Revue ist ein vielseitiges und historisch bedeutsames Genre der Unterhaltungskunst, das sich durch seine Mischung aus Musik, Tanz, Humor und visueller Pracht auszeichnet. Entstanden im 19. Jahrhundert in Paris, entwickelte sie sich zu einer globalen Kunstform mit Höhenpunkten in Berlin, New York und Las Vegas. Ihr Charakteristikum – die Abwesenheit einer durchgehenden Handlung zugunsten unterhaltsamer, abwechslungsreicher Nummern – macht sie bis heute attraktiv, auch wenn sie sich an moderne Sehgewohnheiten anpassen muss.

Von den gesellschaftskritischen Berliner Revuen der 1920er Jahre bis zu den glamourösen Las-Vegas-Shows zeigt die Revue eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit. Gleichzeitig steht sie vor Herausforderungen wie Kommerzialisierung, hohen Produktionskosten und dem Wettbewerb mit digitalen Medien. Dennoch bleibt sie ein wichtiger Teil der Kulturgeschichte und ein Beweis dafür, wie Unterhaltung und Kunst verschmelzen können. Ob als nostalgisches Relikt oder moderne Spektakelshow – die Revue bleibt ein faszinierendes Phänomen der darstellenden Künste.

--